Ich habe neulich eine Dokumentation über das Tourette-Syndrom gesehen.
Darin wurden einige Betroffene in ihrem Alltag begleitet.
Der eine Mann hatte sogar immer das Attest von seinem Arzt in der Hosentasche. Denn es bescheinigte, dass er die bösen Ausdrücke nicht absichtlich von sich gab. So wurde ihm die ein oder andere Auseinandersetzung oder gar Schlägerei erspart, sagte er.
Aber eine Situation blieb mir besonders in Erinnerung:
Ein junger Mann mit Tourette-Syndrom fuhr mit der Deutschen Bahn. Er saß im Großraum.
In der Sitzgruppe neben ihm saß ein älteres Ehepaar, das scheinbar aus der „feineren“ Gesellschaft kam.
Die Frau fragte, warum der junge Mann sich nicht ein eigenes Abteil gebucht habe.
Ist die Frage an sich schon nicht an Dreistigkeit zu überbieten, hielt sie ihr Handy schön auffällig auf ihn gerichtet.
Offensichtlich filmte sie dieses für sie „unnormale Geschöpf“.
Der junge Mann blieb ruhig (ich weiß nicht, ob ich das gekonnt hätte) und klärte die Frau über seine Krankheit auf und dass er für seine Ticks schließlich nichts könne. Zumal die Art seiner Ticks wirklich kaum störend war.
Als hätte sie nichts von alledem gehört, fühlte sie sich weiter gestört und hörte auch nicht auf zu filmen, wie ein Tier im Zoo. Einfach unfassbar.
Seid doch einfach froh gesund und nicht betroffen zu sein.
Denkt lieber etwas nach, bevor ihr etwas sagt. Seid lieber etwas dankbarer.
Vor allem für Dinge, die selbstverständlich scheinen.
Ich zum Beispiel kann nicht mal springen, keine Treppen freihändig steigen und auch nur wenige Schuhe von der Stange kommen für mich in Frage. Für viele so selbstverständlich Dinge, sodass sie nicht weiter darüber nachdenken.
Auch angestarrt werden möchte ich nicht und ich möchte kein Getuschel hinter meinem Rücken hören.
Dann möchte ich lieber ignoriert werden.